diese frühen Inschriften zu lesen ein "hartes Brot" ist
Das kann man laut sagen.
Nochmal zum untersten Register:
Angenommen die Zeichen, die ich als "hundert" gelesen habe, sind eine frühe Schreibung von "zehn" und weiterhin angenommen, das Zeichen in der linken Ecke ist tatsächlich eine Hebsed-Schreibung, dann käme mit den beiden Strichen darunter heraus, dass es sich um ein 2. Hebsed = 60 Jahre handeln könnte, was in etwa den Regierungsjahren dieses Königs nach Manetho (Africanus) entspricht (57 Jahre).
Die zugehörigen Zeichen bringe ich in keinen vernünftigen Zusammenhang. Ausserdem fehlt ja rechts noch etwas. Wie soll man das ergänzen?
Ich muß mich korrigieren: Helck geht an anderer Stelle auf diese und ähnliche Angaben dieser Täfelchen ein: "Zu der Anlage der 'Jahrestäfelchen'" (Helck, Thinitenzeit, S. 168-175). Ich fasse mal zusammen:
Zitat:
"Die Angaben der Jahrestäfelchen erstrecken sich auf zwei Bereiche: einmal wird das Jahr durch mehrere Angaben festgelegt, zum anderen wird die Öllieferung festgehalten." (S. 168)
Nach seiner Übersicht ist es wahrscheinlich, daß am Anfang F4 HAt.t "Öl" (sh. auch Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 508: "Salböl bester Qualität") stand.
Dann folgt eine Gruppe, die nach den Parallelen vollständig etwa so ausgesehen hat:
wobei diese Zeichen in verschiedener Anordnung verwendet worden sind. "Die Lesung bleibt dabei unbekannt." (S. 172) Helck präferiert, daß es sich wohl mehr um eine topographische Bezeichnung als um eine Ölbezeichnung (Kaplony) handelt.
Es schließt sich an:
Helck will in M3 "Ast" ein "damaliges Öl-Maß - etwa 'Zweig'" erkennen, so daß zu lesen wäre: "600 'Zweig'"
Sodann die sog. "Steuerangabe":
jnw Smaw "Abgabe von Oberägypten"
jnw "Gaben, Lieferungen" (Hannig, S. 74) - Die Schreibung mit dem Fisch K1 jn ist mehrfach aus der Frühzeit nachweisbar.
Den Schluß bildet die "Nennung der Zahl der Gefäße, die mit diesem Öl gefüllt sind" (S. 173), nämlich: "2 Gefäße".
Damit lautet die Inschrift im 4. Register wie folgt:
Wenn man die Kugeln als bnn.w interpretiert (bnn, "Kugel", s. Wb. I, 460), dann müsste man den Vogel als bnnw (Phönix) lesen.
Die Zeichen Treppe, Falke, tj Seil werden von Raymond WEILL, Recherches sur la 1ère dynastie... BIFAO 38, I, 1961, S. 64-65 als "was zum Thron des Horus gebracht wird", (j)T (r) s.t Hrw. Vielleicht sollte man eher jT xtjw Hrw lesen, "was zum Podium des Horus gebracht wird". PT 496 erwähnt das zH-Zelt / Opferraum des Todtentempels des mnw Trones in der Mitte (Hrj-jb) des xt(jw) Podiums usw.
Die große Vase am Ende des unteren Seiles liest WEILL (S. 73) als mDd, eine Ölpresse.
MfG,
JD
jd_degreef Gast
Re: Pharao Djer
« Antwort #34, Datum: 23.05.2004 um 20:42:50 »
PS: die trauernde Königin auf dem Palermostein II, 6 (auch Regierung des Djer) sitzt neben einem Rechit der mit einem Messer getötet wird. Auch im Falle der Inschrift aus Elephantine (3. Dyn.), s. DREYER, Drei archaisch-hieratische Gefässaufschriften mit Jahresnamen aus Elephantine, Fs. G. HECHT, 1987, 98-109, erscheint die trauernde Königin nach eine Erwähnung des "3. Mal des Bekämpfens der Räuber" (S. 104). Also ist die Hypothese des zeremoniellen Tötens eines Feindes doch ziemlich wahrscheinlich !
Soweit ich weiß, heißt der "Phönix" auf ägyptisch bnw (Hannig, S. 253). Das LÄ IV, 1030 leitet den Namen von wbn "aufgehen; glänzen, leuchten, aufleuchten aufflammen" oder bnbn "Benben-Stein" her, "doch läßt sich die genaue Bedeutung nicht ermitteln".
Insgesamt halte ich daher die Herleitung über bnn "Kugel" nicht für wahrscheinlich.
Für die Gruppe Treppe, Horus, T-Schnur gibt Rolf Gundlach, Der Pharao und sein Staat, Darmstadt, 1998, S. 96 die Lesung
(jTj) TnTA.t Hrw(?)
an, wobei TnTA.t "Thronpodium ... Thronhalle (für das Hebsed-Fest)" (Hannig, S. 958) bedeutet. Das käme Deiner Deutung oder der von Weill nahe.
Helck zitiert Kaplony (IÄF I, 313), der in dieser Gruppe das spätere sTj-Hr- bzw. -wr-Öl lesen will. Siegfried Schott, Hieroglyphen. Untersuchungen zum Ursprung der Schrift, Wiesbaden, 1950, S. 140 interpretiert diese Zeichengruppe als Domänenname "Horus, der (seinen) Thron gewann", eine Deutung, die Kaplony (IÄF II, Anm. 1653) kategorisch ablehnt. Helck zitiert eine ähnliche Schreibung S-x.t-Hr "Baumgarten des Horus", woraus er schließt, daß unsere Gruppe wohl so etwas ähnliches bezeichnen würde, "nur noch in 'butischer Schrift' geschrieben" (Helck, Thinitenzeit, S. 171-172). Allerdings hat Helcks These von der sog. "butischen Schrift" keine Anhänger gefunden.
Insgesamt gesehen muß man doch wohl zunächst die Auffassung akzeptieren, daß die Lesung umstritten ist. Die Annahme, daß es sich um "eine topographische Angabe" handelt, ist insofern der kleinste gemeinsame Nenner.
Dennoch ist der Einwand nicht berechtigt, daß alles reine Spekulation sei. Aus diesem Grunde füge ich Helcks Tabelle (S. 173) bei, in der er die Lieferangaben von 21 Jahrestäfelchen zusammengefaßt hat. Unser Täfelchen ist unter "Dr Hemaka" angegeben (es wurde im Grab des Hemaka gefunden).
Es ist doch eine klare Struktur erkennbar, wenn man auch nicht erwarten kann, daß den alten Schreibern eine exakte Anweisung vorgelegen hat. Helck diskutiert nun jede Spalte im einzelnen. So kann man klar erkennen, daß die Zahlen unter dem "Zweig" in die Hunderte bis über über Tausend gehen, während unter den "Gefäßen" nur 1 - 3 angegeben ist. Irgendwie spricht diese Spalte auch gegen Weills Auffassung von "Ölpresse", finde ich. Ferner ist eine gewisse zeitliche Entwicklung zu erkennen. Für die Einzelheiten muß ich auf Helck verweisen.
Ich möchte mich auch einmal zitieren:
Zitat:
"Insgesamt muß man aber wohl eingestehen, daß diese frühen Inschriften zu lesen ein 'hartes Brot' ist."
wenn auch nicht unmöglich, sollte ich anfügen!
Viele Grüße, Michael Tilgner
jd_degreef Gast
Re: Pharao Djer
« Antwort #36, Datum: 25.05.2004 um 06:40:55 »
Lieber Michael,
Die Tabelle aus HELCK, Untersuchungen zur Thinitenzeit, ÄA 45 (1987), S.173 bringt zwei für unseren Zweck interessante Informationen : 1. die Variante RT I, 14, 11 : (j)T Hrw tp TnTA / xtjw / s.t, "Gebracht (zum) Horus auf den Thron / das Thronpodium". 2. die späte Varianten, deutlich mit xtjw (einem Podium, mit phonetischem Komplement x.t).
GUNDLACH's TnTA(.t) ist eine gute Lösung.
KAPLONY's Lesung sTj-Hr is sehr unwahrscheinlich, denn der Öltyp wird schon am Anfang der unteren Zeile bestimmt. Und was macht er mit der Treppe ?
Betreffs bnn, kann eine Wiederholung des Ballwerfens oder des gaukeln nicht zu eine Verdoppelung des /n/ leiten (ich kenne die präzise Grammatische Bezeichnung nicht) ? So das der Wurzel auch (w)bn sein würde, wie in bnw, bnbn ?