Autor/in |
Thema: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |
Taharqa  Member
|
 |
Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |  | |
|
« Datum: 07.01.2006 um 18:28:51 » |
 |
Ich bin beim Durchstöbern unserer Fotos auf folgende Aufnahmen gestossen und würde von Euch gerne wissen, um was es sich bei diesen gleichmäßigen Bohrungen handelt. Sie befinden sich im hinteren Teil des Tempels. Das untere Bild ist noch einmal eine vergrößerte Aufnahme der rechten Ecke. Viele Grüße T.
|
|
|
Tawabet  Member
|
 |
Re: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |
|
« Antwort #1, Datum: 07.01.2006 um 18:44:14 » |
 |
Vielleicht um etwas sehr Erfreuliches: Die Tempel müßten dringend trocken gelegt werden, und da sind solche Bohrungen eine Möglichkeit. Im Ramesseum hab ich auch welche gesehen  Aber leider bin ich mir nicht sicher... Tawabet
|
|
|
naunakhte  Moderatorin
|
 |
Re: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |
|
« Antwort #2, Datum: 07.01.2006 um 18:53:44 » |
 |
Hallo Taharqa, sicher bin ich mir auch nicht. Aber die Löcher sind nur an den Türdurchgängen. Darüber stand eine Figur des Königs, die mir Einlegearbeiten (siehe die Füße) gearbeitet war. Ich würde nun vermuten, dass die Löcher eventuell ein Goldblech halten sollten mit denen der "Boden" unter den Füßen des Königs verziert war. Iufaa soll mal auf seinen Bildern vom Durchgang des 2. zum 3. Hof nachschauen, wo der König genauso gearbeitet dargestellt ist. Auf meinen Bildern fehlt der Bereich unter den Füßen. Deshalb kann ich nicht sagen ob dort dieselben Löcher vorhanden sind. gruß nauna
|
|
|
4U2 Gast
 |
 |
Re: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |
|
« Antwort #3, Datum: 09.01.2006 um 13:10:45 » |
 |
Hallo Taharqa Für naunas Dübellöcher spricht die Lage der Bohrlöcher im Durchgangsbereich. Vergleichbare Befunde gibt es in einigen weiteren Tempelanlagen. Metalbeschläge an Toren, Durchgängen und Tempelwänden sind durch erhaltene Aufzeichnungen von Schatzhäusern, ja selbst in Inschriften innerhalb der Sakralbauten gut belegt. Beachtenswert ist hier die enge Abfolge der Dübellöcher die auf eine "gewichtige" Ausführung der Verkleidung schließen lässt.  Gegen eine moderne Ausführung der Bohrungen spricht insbesondere die unmittelbare doppelte Ausführung der Bohrlöcher in der zweiten Blocklage in ebenfalls enger Abfolge. Der fachlich unvertretbare und in seiner Auswirkung verherende Versuch der Trockenlegung durch Durchlöchern der Steinblöcke kann somit ausgeschlossen werden.
|
|
|
Rames_II Gast
 |
 |
Re: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |
|
« Antwort #4, Datum: 09.01.2006 um 19:49:51 » |
 |
Hallo, unser Reiseleiter hat auch gesagt es sind Dübellöcher für/von Metall(Gold)beschlägen. Jedoch weiß man bei Reiseführern nie sogenau vo dran man ist . Wird mich auch mal interesieren was da dran ist. Ralf
|
|
|
Iufaa  Moderator
|
 |
Re: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |  | |
|
« Antwort #5, Datum: 09.01.2006 um 20:06:10 » |
 |
Hallo, es handelt sich vermutlich wirklich um Dübellöcher, wie die folgende Abbildung von der Rückseite des Ptah-Tempels in Karnak zeigt. Die teilweise recht eckigen Löchen dienten wohl dazu, Metallzapfen in die Wand zu hämmern um Edelmetallbeschläge über den Figuren zu befestigen. Ähnliche Löcher in ebenso regelmäßiger Anordnung wie in MH habe ich auch im Barkensanktuar des Amun im TT von Sethi I in Qurna gefunden. Gruss, Iufaa
|
|
|
naunakhte  Moderatorin
|
 |
Re: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |  | |
|
« Antwort #7, Datum: 14.01.2006 um 19:21:29 » |
 |
ich habe mal meine paar Fotos zu Medinet Habu durchgesehen und auf die Türdurchgänge geachtet. Häufig sah man Spuren von Drehlöchern im Boden oder in der Decke. Bei zwei Räumen fand ich in der Durchgangssituation aber auch die oben angesprochenen Löcher. Es handelt sich um Raum 20 und 38. Die Bilder hänge ich mal an. nauna
|
|
|
naunakhte  Moderatorin
|
 |
Re: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |  | |
|
« Antwort #9, Datum: 14.01.2006 um 20:45:26 » |
 |
Da wo Drehlöcher zu sehen waren, fanden sich keine Lochreihen. Das waren andere Türen. Der Türsturz hat übrigens jede Menge Wetzspuren  Hierbei handelt es sich sowieso um einen nachträglich unterteilten Raum. Inwiefern die Steinsetzung und der Architrav in situ sind kann ich nicht sagen. Die oberen Steinlagen sind etwas angegriffen, eine weitere Reihe von Löchern kann ich auch ansatzweise nicht erkennen. Bei den anderen beiden Durchgängen fehlen die oberen Wandteile. Ich möchte die Aussage von Wilkinson auch nicht als die endgültige Lösung zu den Löchern ansehen. Mich hat sie zugegebenermaßen etwas überrascht. Vorenthalten wollte ich sie allerdings nicht. Im Anhang ein Foto aus dem Ramesseum. Auch hier in Bodennähe (allerdings nur) eine Lochreihe. Eine zweite ist auch hier nicht zu sehen. Auch hier eine Türsituation. Ach, macht Ägyptologie nicht Spass? Tausend Fragen und keine (befriedigenden) Antworten.
|
|
|
naunakhte  Moderatorin
|
 |
|
« Antwort #10, Datum: 14.01.2006 um 21:14:48 » |
 |
Dieter Arnold (Lexikon der ägyptischen Baukunst, Stichwort: Türflügel) erklärt, dass die ab dem AR erhaltenen Holztüren nicht mit Scharnieren befestigt waren, sondern mit Drehzapfen. Scharniere seien sehr selten. Als Beispiel hierfür führt er El-Lischt und das Grab Tut-anch-Amuns an. Also, alles offen. Gruß nauna Nachtrag LÄ VI, Stichwort: Tür und Tor, Sp. 778 ff nennt keine Scharniere bei der Beschreibung der Technik von Türen.
|
|
|
Gast_A.  Member
|
 |
Re: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |
|
« Antwort #12, Datum: 15.01.2006 um 00:13:46 » |
 |
@Iufaa (Antwort #5): Die Dübel-/Pfostenlöcher rund um die Reliefdarstellung im Ptah-Tempel zu Karnak werden von den bisherigen Bearbeitern einhellig als Spuren eines kapellenartigen, hölzernen Vorbaus gedeutet (vgl. D. Wildung, Imhotep, Berlin 1977, 204ff. ähnliche Pfostenlöcher sind auch bei anderen Tempeln an deren Aussenwänden zu beobachten - z.B. bei der „Gegenkapelle“ des Mandulis-Tempels von Kalabscha, Rückwand; in: Kalabsha II, Taf. CV A). Sie dürfen also nicht in die Überlegungen zur Wandverkleidung aus Metall einbezogen werden. Gruß A.
|
|
|
Iufaa  Moderator
|
 |
Re: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |
|
« Antwort #13, Datum: 15.01.2006 um 00:38:36 » |
 |
Hallo Gast_A, bei einem hölzernen Vorbau würde ich allerdings eine andere Verteilung der Löcher erwarten, weniger orientiert am Verlauf der Figuren - wie z.B. wäre bei einem Vorbau die unterschiedliche Höhe der horizontalen Löcher suf der Ebene der Füße zu erklären? Ein Vorbau für jede Figur? Gruss, Iufaa
|
|
|
Gast_A.  Member
|
 |
Re: Bohrlöcher im Tempel von Medinet Habu |
|
« Antwort #14, Datum: 15.01.2006 um 10:28:49 » |
 |
Hallo Iufaa! Hinter Hathor „zu Gast in Theben“ und ihrem Kind „(Har-)somtus, das Kind, groß an Kraft, Erbe des Amun“ steht Imhotep, der in dem Ptah-Tempel ja einen eigenen Kult genoss. Beide Figuren standen offenbar ursprünglich in EINEM hölzernen Baldachin bzw. einem (verschließbaren?) kapellenartigen Vorbau. Dass diese Gruppe eine gemeinsame Holzkonstruktion aufwies, zeigen eben die Pfostenlöcher, die vor Hathor und hinter Imhotep noch auf mittlerer Höhe in die Wand gebohrt wurden. Erst nachträglich wurde offenbar Amenophis Sahapu als „Lokalheiliger“ in diese Gruppe eingefügt. Die Standlinie zwischen Imhotep und Amenophis Sahapu weist einen Knick auf und ist sekundär gearbeitet, das Relief ist von der Tiefe etwas flacher als bei der vorausgehenden Gruppe. Wildung (a.a.O.) folgert hier wohl richtig, dass „Amenhotep (...) ursprünglich nicht ins theologische Konzept der Szene einbezogen“ war (Wildung, Imhotep, Berlin 1977, S. 204). Die Holzkonstruktion wird vermutlich so zu rekonstruieren sein: Eine hölzerne Kapelle mit rechteckigem Aufriss, deren Gebälk in der Tempelaussenwand verankert war (obere Pfostenloch-Reihe). Der Boden der Kapelle war auf einem Balkengerüst verlegt (untere Pfostenlochreihe), das ca. 60cm oberhalb der Basis der Tempelwand lag. Wenn man den Relief-Vorbildern glauben darf, handelte es sich wohl um einen hölzernen Baldachin, der zur Front hin ein leicht ansteigendes Naosdach besaß. Da viele „Gegenkapellen“ (um eine solche dürfte es sich auch hier handeln) Türkonstruktionen aufweisen, ist auch hier u.U. eine solche Kapellentür zu rekonstruieren, durch die man das (Relief-)kultbild verbergen bzw. erscheinen lassen konnte. Gruß A.
|
|
|
|